Bayerische Regierung präsentiert: Gruppenbild mit wenigen Damen

Frisch gewählt, hat Bayerns Ministerpräsident Söder sein Regierungsteam vorgestellt. Statt Frauen gilt es in Bayern einen anderen Proporz zu beachten.

Ein Gruppenbild mit den Mitgliedern des bayerischen Kabinetts

Noch unausgewogener: das neue bayerische Kabinett Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

MÜNCHEN taz | Jünger und weiblicher wolle er das Kabinett machen, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, als er sein neues Team vorstellte, und beeindruckte das Land. Ein Hauch von Modernität wehte durch den Freistaat. Nun gut, damit keine Missverständnisse aufkommen: Das war 2018.

Inzwischen ist Söder, wie die meisten seiner Kabinettsmitglieder, nicht nur fünf Jahre älter, sondern er setzt wohl auch andere Prioritäten. In der 18-köpfigen Regierung, die er am Mittwoch vorstellte, finden sich gerade vier Frauen – noch eine weniger als zuletzt. Stolz sei er auf dieses ausgewogene Kabinett, sagte Söder vor dem Landtag.

Eine Woche lang machte man sich in der Regionalpresse einen Spaß daraus, Tag für Tag alle möglichen Besetzungsvarianten durchzuspekulieren und kam zu dem Ergebnis: So wahnsinnig viele sind es gar nicht. „Puzzlespiel mit vielen Bekannten“ lautete denn auch eine der Überschriften. In der Tat: Söders Handlungsspielraum bei der Kabinettsbesetzung war begrenzt.

Etwa weil es in Bayern stets gilt, den Regionalproporz zu beachten. So waren die schwäbischen Christsozialen sehr gespannt, an welcher Stelle sie im Kabinett vertreten sein würden, nachdem der bisherige Gesundheitsminister Klaus Holetschek das Kabinett verlassen hat, um den Vorsitz der CSU-Fraktion zu übernehmen.

Söder vergab früh Jobgarantien

Dazu kommt: Vielen seiner Kabinettsmitglieder gegenüber hat Söder im Wahlkampf Jobgarantien ausgesprochen. Andere, wie der enge Söder-Vertraute Florian Herrmann, bislang Staatskanzleichef, schienen gesetzt. Von denen, die als Wackelkandidaten galten, war es am Ende Melanie Huml, die das Nachsehen hatte. Nach 16 Jahren gehört die Ärztin aus Oberfranken künftig nicht mehr dem Kabinett an. Huml war zuletzt Europaministerin, nachdem Söder sie mitten in der Pandemie vom Gesundheitsministerium abgezogen und in die Staatskanzlei versetzt hatte.

Für Huml rückt nun ein gutes halbes Jahr vor der Europawahl der schwäbische Landtagsabgeordnete Eric Beißwenger nach. Neue Gesundheitsministerin wird die bisherige Digitalministerin Judith Gerlach, Staatssekretär im Finanzministerium der Oberfranke Martin Schöffel. Ansonsten bleibt auf CSU-Seite alles wie gehabt: Innenminister Joachim Herrmann, Finanzminister Albert Füracker und Familienministerin Ulrike Scharf bleiben ebenso im Amt wie Markus Blume (Wissenschaft), Michaela Kaniber (Landwirtschaft), Georg Eisenreich (Justiz), Christian Bernreiter (Bau und Verkehr) und Florian Herrmann (Staatskanzlei).

Söders Koalitionspartnerin, die Freien Wähler, hatten bereits vor knapp zwei Wochen bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages ihre fünf Kabinettsmitglieder bekannt gegeben. Deren Parteichef Hubert Aiwanger hätte gern das in Bayern so wichtige Landwirtschaftsministerium für seine Partei ergattert. Doch da blieb die CSU hart.

Stattdessen hat sich Aiwanger, der selbst Landwirt ist, zwei Zuständigkeitsbereiche in sein Wirtschaftsministerium herübergezogen: Jagd und Staatsforsten. Dass er zwei andere, Tourismus und Gastronomie, dafür abgeben musste – geschenkt. Dass der neue Zuschnitt inhaltlich alles andere als naheliegt, scheint auch nicht weiter zu stören. Immerhin: Agrarministerin Michaela Kaniber ist in einem Wirtshaus aufgewachsen.

Jeder kann seinem Steckenpferd frönen

Hauptsache, so scheint man sich gedacht zu haben, jeder kann seinen Steckenpferden frönen. Außer Aiwanger, der weiterhin einen Staatssekretär in seinem Ministerium hat, bleibt auch Umweltminister Thorsten Glauber im Amt, Kultusstaatssekretärin Anna Stolz rückt zur Ministerin auf, weshalb der bisherige Minister Michael Piazolo weichen muss. Und der bisherige Parlamentarische Geschäftsführer Fabian Mehring übernimmt das Digitalministerium.

Kaum einer ist in der Flugblattaffäre so sehr für seinen Chef in die Bresche gesprungen wie Mehring. Offenbar hat sich das für den 34-jährigen Ultraloyalisten, dem nicht wenige eine Extraportion Ehrgeiz bescheinigen, ausgezahlt.

Aiwanger bleibt weiterhin stellvertretender Ministerpräsident. Den weiteren Stellvertreterposten, den bislang Innenminister Joachim Herrmann innehatte, vergab Söder nun an eine Frau: Familienministerin Scharf. Ein starkes Signal, findet Söder. Von wegen weiblicher und so.

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